
Nach meinem Outing konnte es mir nicht mehr schnell genug gehen endlich meine Transition zu beginnen.
Im März 2022 outete ich mich vor meiner Frau und im Mai 2022 habe ich sowohl die rechtlichen Schritte zur Vornamens- und Personenstandsänderung, sowie auch die medizinischen Voraussetzungen, für die Hormontherapie in Angriff genommen.
Doch warum wollte ich sie unbedingt so dringend und am besten sofort?
Der Grund für meinen Wunsch "gegengeschlechtliche" Hormone zu nehmen
Ich befasste mich schon seit meiner Jugend mit dem Thema Transsexualität und wusste durch Recherchen, auch was die verschiedensten Sexualhormone im Körper bewirken, auslösen und wie sie den Körper verändern können. In der Zeit vor der Hormoneinnahme, hasste ich so ziemlich alles an meinem Körper. Durch die Hormontherapie versprach ich mir, das sie das Wachstum meiner Brüste anregen würden. Außerdem erhoffte ich mir mit Hilfe der Hormone ein feminineres Gesicht und einen weiblicheren Körper. Auch litt ich damals unter einer sehr starken Körperbehaarung, was mich extrem störte. Und laut Onlineberichten versprach diesbezüglich die Hormontherapie, bei den meisten Transfrauen Verbesserung.

Am schlimmsten waren die Momente wo ich mich selbst im Spiegel sah. Ich wollte mich mit meinem Spiegelbild identifizieren können, mir selbst gefallen. Ich fragte mich immer wer dieser komische hässliche Typ im Spiegel ist? Das konnte doch nicht ich sein? Ich schämte mich regerecht, wie ein Kerl aussehen zu müssen. Eine Person die ich niemals war und auf keinen Fall sein wollte. Ich wollte einfach nur ich sein, die Anna und auch dementsprechend so aussehen. Feminin und weiblich.
Zwangtherapie - Die Psychologensuche
Um als Transgender eine Hormontherapie zu bekommen ist es notwendig sich einen Psychotherapeuten zu suchen, der dann die Indikation(Empfehlung) zur Hormontherapie sowie die Diagnose F64.0(Transsexualismus) stellt. Je nach Psychotherapeut kann eine Indikation und Diagnose nach 4-8 Therapiestunden erteilt werden. Soweit die Theorie... Doch in der Realität ist es oftmals nicht ganz so einfach.
So fing ich dann an tagelang mit den verschiedensten Psychotherapeuten zu telefonieren. Ein paar von denen hätten mich auch aufgenommen, jedoch nach einer Wartezeit von 1 - 1,5 Jahren. Doch so lange konnte und wollte ich einfach nicht warten. Ich wollte nicht mehr wie ein Kerl aussehen und so weiter leben müssen. Dann hätte ich mir ja das Outing auch sparen können dachte ich.
Und nun? Selbsttherapie?

Zunächst war ich nach dem Therapieabbruch völlig ratlos. ich hatte Panik nun doch noch ein ganzes Jahr auf einem Therapieplatz, bei einem transerfahrenen Psychologen warten zu müssen. Ich war verzweifelt. Nun habe ich mich bereits ein halbes Jahr mit Psychologen herum geschlagen und bin dann noch keinen Millimeter vorwärts gekommen. Ich Beschloss nun meine Hormontherapie selbst in Angriff zu nehmen. Zu groß war der tägliche Leidensdruck.
Ich konnte nicht meinem Körper betrachten ohne mich vor mir selbst zu ekeln. Also meldete ich mich mit falschen Angaben bei einer Onlineapotheke an, füllte dort einen Patientenfragebogen aus und bestellte mir selbst Hormone. ich bezahlte dafür ein kleines Vermögen, aber dafür war mir jeder Cent wert.
Wie genau ich das gemacht habe und welche Medikamente ich bestellt habe werde ich hier nicht öffentlich verraten, da das experimentieren mit Hormonen, kein Spiel ist und sehr gefährlich werden kann! Leider gehen sehr viele Trans* Personen diesen Weg, weil es wirklich verdammt schwierig und sehr langwierig sein kann die Hormone, auf offiziellen Wege zu bekommen.
Endlich habe ich einen Psychologen gefunden!
Dies dachte ich zumindest. Ich hatte tatsächlich eine Therapeutin gefunden, die bereits innerhalb von 2 Wochen einen Termin für mich frei hatte. Ich war vor dem Termin schon total aufgeregt und unendlich nervös. Ich versprach mir so viel von dieser Therapiestunde. Vor allem aber einfach in Behandlung zu kommen, um dann nach ein paar Sitzungen, durch ein Indikationsschreiben, an die Hormone zu kommen. Eigentlich verstand ich mich mit der Psychologin sehr gut. Nur hatte sie keinerlei Erfahrungen mit Transgendern. Ich sollte ihr aus dem Internet alles heraus suchen was ich für meinen Weg benötige und ihr am besten noch sagen wie sie mich therapieren müsse. Ganz ehrlich...? Das setze ich eigentlich von einem Therapeuten voraus, das er sich selbst beliehst und sich darüber informiert, wie er mich am besten unterstützen kann. Jedenfalls ging ich völlig geknickt aus dem Gespräch nach Hause. Ich beriet mich mit meiner Frau und wir waren uns einig das diese Therapeutin mich meinem Ziel, definitiv nicht weiter bringen würde.
Ein Hoffnungsschimmer?
Ich weiß gar nicht mehr woher ich den Tipp bekam... Aber ich erfuhr von einer Möglichkeit schneller an einem Psychologen-Termin heran zu kommen.
Sogar ganz offiziell über die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung. Dort füllte ich ein kleines Onlineformular aus und schilderte kurz mein Anliegen das ich einen Psychotherapeuten suche, der sich zum Thema Transsexualität auskennt. Drei Tage später bekam ich dann einen Brief mit einem Termin für einen Psychotherapeuten in meiner Nähe. Auch hier betrug die Wartezeit wieder 2 Wochen. Ich freute mich echt wie ein kleines Kind, jubelte und machte Luftsprünge. Für mich war dies ein riesiger Erfolg.

Hier ging ich aufgeregt aber mit einem relativ gutem Bauchgefühl zu meinem ersten Termin. ich erfuhr das auch sie bisher noch keine Transgender auf Ihrem Weg begleitet hatte, aber zumindest mit dem Thema vertraut war, da sie sich Eltern von Trans*Kindern, unter ihren Klienten befanden. Sie erklärte sich auch bereit, sich selbst zu belesen und mich bestmöglich zu unterstützen. Wir verstanden uns auch ganz gut. Wir redeten über meine geplante Hochzeit, meinen sehr auffälligen, pinken Nagellack und über Mode. Das waren auch genau meine Themen um mit ihr warm zu werden.
Anschließend folgten noch 2 weitere "Kennlern-Gespräche" bevor sie dann die Kurzzeittherapie 1 mit insgesamt 12 Therapiestunden beantragte. Vier von diesen Stunden nahm ich auch wahr bis ich sie um ein Indikationsschreiben, für meine Hormontherapie bat. Daraufhin meinte sie das sie keinerlei Erfahrungen mit diesen Schreiben hätte und sie mir deshalb auch nichts ausstellen wolle. Nach dieser Sitzung, teilte ich ihr mit, das dies mein letzter Termin bei ihr wäre, da ich jemand brauchte der mir die ärztlichen Schreiben aufsetzt, um mit meiner Transition weiter zu kommen. So ging ich traurig nach Hause und in mir brach eine Welt zusammen. Schon wieder ein herber Rückschlag.
Frau Dr. Reimers

Da ich ja den rechtlichen sowie den medizinischen Weg gleichzeitig veranlasst hatte musste ich in dieser Zeit auch 2 psychologische Gutachten für die Namens- und Personenstandsänderung machen lassen. Eine Gutachterin war Frau Dr. Reimers. Eine sehr nette aber ältere und schon leicht verwirrte Frau. Sie bot mir nach dem 2 Stündigen Gespräch für das Gutachten an, mich jederzeit an sie wenden zu können, wenn ich bei etwas Hilfe benötige. Also kam ich auf ihr Angebot zurück, rief sie an und fragte ob sie mich als Klientin bei sich aufnehmen könne. Ihre Antwort war sehr positiv. Da es sich jedoch herum gesprochen hatte, das sie sich unter anderen auf Trans* Personen spezialisiert hatte, konnte sie mir hauptsächlich nur Gruppentermine mit anderen Transfrauen anbieten.
Sie meinte anders würde sie alle gar nicht mehr unter bekommen. Dennoch hatte ich bei ihr zunächst noch zwei Einzelgespräche, bevor es dann in die Gruppentherapie ging. Ich glaube nach insgesamt 3 Therapiestunden schrieb sie mir dann auch die Indikation und die Diagnose F64.0. Ich freute mich wieder wie ein kleines Kind, was Geschenke für Weihnachten und Geburtstag zusammen bekam. Ich war so glücklich und energiegeladen wie kaum zuvor in meinem leben.
Die Suche nach einem Endokrinologen
Es gibt keine genauen Vorschriften, zu welchem Facharzt man gehen muss, um die Hormone verschrieben zu bekommen. Die meisten gehen zum Endokrinologen. Man kann sie sich jedoch auch von einem Urologen, Gynokologen oder in Ausnahmefällen von seinem Hausarzt verschreiben lassen. Hier kommt es auf die Fachkenntnisse des jeweiligen Arztes an. Mir waren zu der Zeit nur zwei Endokrinologen in der nächstgrößeren Stadt bekannt. Beim ersten Anruf bekam ich direkt eine Ablehnung. Sie meinten sie wären komplett ausgebucht und können keine Termine mehr vergeben. Bei der 2. Adresse hatte ich Glück. Ich bekam einen Termin. Jedoch lag dieser noch 7 Monate entfernt. Ich war natürlich enttäuscht, das es nun wohl doch noch solange dauerte. Aber ich machte mich deswegen nicht verrückt, denn schließlich nahm ich ja bereits Hormone. Dadurch war hier der Leidensdruck nicht mehr ganz so hoch.
Später erfuhr ich in der Therapiestunde bei Frau Dr. Reimers, das es eine sehr gute Urologin in meiner Heimatstadt gibt, wo ich nach einem Termin fragen könnte. Von der Endokrinologie, wo ich bereits einen Termin hatte, riet sie mir ab, weil sie angeblich nur sehr sparsam dosieren würden. Über diesen Tipp war ich ihr sehr dankbar. Denn hier hatte ich nur 4 Monate Wartezeit bis zum Termin. Als der Termin dann kam war ich wieder so wahnsinnig aufgeregt. Aber auch die Angst das sie mir die Hormone verweigern würde spielte eine große Rolle. Denn schließlich habe ich mich bereits vorher selbst therapiert. Und bei Eigenmedikation verstehen einige Ärzte keinen Spaß mehr. Ursprünglich war mein Plan die Hormone 3 Monate vor dem Termin abzusetzen, damit die Blutwerte wieder halbwegs im männlichen Bereich wären und es somit nicht auffallen würde. Doch das konnte ich einfach nicht. Ich hatte nämlich durch die Hormone bereits etwas Taille und einen kleinen Brustansatz bekommen. Außerdem hat die Körperbehaarung schon etwas abgenommen. Deshalb war ich psychisch absolut nicht mehr in der Lage die Hormone abzusetzen. Ich wollte keinen Schritt mehr zurück. Und damit war ich mir zu 100% sicher.
Nach einer gewissen Wartezeit rief mich die Ärztin ins Sprechzimmer. Zunächst redeten wir über den Verlauf meiner Transition. Danach sah sie sich die Unterlagen von Frau Reimers an. Ich beichtete ihr auch meine Selbsttherapie. Denn anhand der Blutwerte hätte sie das sowieso heraus bekommen. Aber nicht nur daran, denn es folgte noch eine urologische Untersuchung. Blase, Galle, Harnwege waren okay.

Nur die Prostata und die Hoden hatten sich durch die Hormone bereits zurück gebildet und waren nur noch winzig klein. Dann wurde mir noch Blut abgenommen und dann bekam ich konnte wieder gehen. Jedoch ohne das Rezept. 3 Tage später waren die Blutwerte endlich da und ich konnte mir mein Rezept abholen.
Ich war überglücklich und total euphorisch. Endlich in offizieller Hormontherapie. Juhu! Bei den Werten kam heraus das das Testestoron kaum mehr nachweisbar war, jedoch auch das Östrogen nicht ausreichend vorhanden war. Dies erklärte auch meine extreme, permanente Müdigkeit in der Selbsttherapie. Ich hatte nämlich so gut wie gar keine Sexualhormone mehr im Körper. Nachdem ich dann meine Hormone in der Hand hatte, hätte ich vor Glück die ganze Welt umarmen können. Und ich musste diesen Moment auch mit der Welt teilen. Die Freude und die ganzen Emotionen musste ich einfach raus lassen. Egal wie! Noch am selben Tag machte ich diesen besonderen Moment auf meinen Social Media Kanälen öffentlich und ließ meine Follower und Bekannten, an meiner Freude teilhaben.
@anna_zone123 Yes Baby🤗 In wenigen Tagen halte ich endlich das Rezept für meine Hormontherapie in den Händen. Ich bin Mega glücklich ☺️ #hormontherapie #hrt #transgirl #transition #transgender #trans #lgbt🌈 ♬ Love Story - TonsTone
Meine Meinung über den Weg zur Hormontherapie
Insgesamt dauerte der Prozess ein ganzes Jahr, um dann endlich das Rezept in der Hand zu halten.
Ich persönlich finde das dies viel zu lange dauert. Denn der psychische Leidensdruck bei vielen Transgender, ist so enorm stark, das es Ihnen völlig unmöglich ist, es solange aushalten.
Dies veranlasst einige, sich ohne ärztliche Überwachung, Hormone besorgen und sich unnötig einer Gefahr aussetzen.
Wie siehst du es? Teile deine Meinung gerne in den Kommentaren.
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